Ein zentraler Meilenstein auf dem Weg zur vollständigen Digitalisierung von Genehmigungsverfahren ist erreicht: Erstmals wurde für die modellbasierte Prüfung von Planfeststellungsunterlagen ein strukturierter Prozess entwickelt und erfolgreich erprobt – ein gemeinsames Vorhaben von DEGES, dem Fernstraßen-Bundesamt (FBA) und SSF Ingenieure.

Im Rahmen des 2. Kongresses Digitale Baugenehmigung am 5. Mai 2025 in Gießen stellten Stephan Siegert (DEGES) und Florian Köllner (FBA) diesen innovativen Unter-Anwendungsfall des BIM-Anwendungsfalls „090 Genehmigungsprozess“ erstmals der Öffentlichkeit vor. Ihr Ziel ist die perspektivische Integration digitaler Bauwerksmodelle (BIM) in das förmliche Planfeststellungsverfahren. Mit der modellbasierten Genehmigungsprüfung ist ein erster, wichtiger Schritt in Richtung einer vollständig digitalen Planfeststellung vollzogen worden.

Paradigmenwechsel in der Genehmigungsprüfung

Traditionell basiert die Prüfung von Planfeststellungsunterlagen auf umfangreichen analogen Planwerken – meist in Papierform oder als statische PDF-Dokumente. Mit der modellbasierten Genehmigungsprüfung vollzieht sich ein grundlegender Wandel: Das digitale Bauwerksmodell rückt ins Zentrum des Prüfprozesses.

Die modellbasierte Genehmigungsprüfung erfolgt bereits vor offizieller Antragsstellung im förmlichen Planfeststellungsverfahren. Ziel ist die Überprüfung der Genehmigungsfähigkeit der Unterlagen dem Grunde nach – also hinsichtlich Vollständigkeit, inhaltlicher Widerspruchsfreiheit und der Erfüllung wesentlicher rechtlicher Anforderungen. Dies unterstützt sowohl eine frühzeitige Qualitätssicherung als auch eine zielgerichtete Abstimmung mit der Planfeststellungsbehörde.

Das Innovative an diesem Ansatz: Die Prüfung erfolgt primär direkt im 3D-Modell. Technische Inhalte werden strukturiert im Modell erfasst, Prüfanmerkungen in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang hinterlegt und nachvollziehbar dokumentiert. So wird ein gemeinsames digitales Verständnis der Planung geschaffen, das die Kommunikation zwischen Projektträger und Genehmigungsbehörde erheblich vereinfacht und beschleunigt.

Digitale Struktur mit Bezug zur RE 2012

Die Navigation durch das Modell und die zugehörigen Planunterlagen erfolgt über ein speziell entwickeltes Webformular, das sich an der Mustergliederung der RE 2012 orientiert. Diese stellt seit ihrer Einführung einen bundesweit einheitlichen Rahmen für die Erstellung und Strukturierung von Entwurfs- und Genehmigungsunterlagen im Straßenbau dar.

Was ist die RE 2012?
Die RE 2012 („Richtlinien zum Planungsprozess und für die einheitliche Gestaltung von Entwurfsunterlagen im Straßenbau“) wurden vom ehemaligen Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung herausgegeben. Sie regeln, wie Entwurfs- und Planfeststellungsunterlagen im Bundesfernstraßenbau einheitlich aufzubereiten und zu strukturieren sind – einschließlich der Anforderungen an Erläuterungsberichte, Lagepläne, Querschnitte und weiterer Unterlagen. Die RE 2012 unterstützt die Standardisierung und Nachvollziehbarkeit über alle beteiligten Fachstellen hinweg.

Im entwickelten Webformular wird diese Gliederung übernommen, sodass gezielt durch die Unterlagen und das Modell navigiert werden kann. An derselben Stelle trägt die prüfende Instanz auch ihre Prüfanmerkungen ein; der aktuelle Bearbeitungsstand ist stets transparent und leicht abrufbar.

Technische Durchführung und Perspektive

Für die technische Umsetzung wurde zunächst eine proprietäre Softwarelösung verwendet, da derzeit verfügbare Open-Source-Anwendungen noch Risiken im Hinblick auf Stabilität und Informationssicherheit aufweisen. Ziel ist es jedoch, künftig ein offenes, interoperables Format zu entwickeln, wodurch das Webformular softwareübergreifend nutzbar wird – beispielsweise mithilfe des auf IFC basierenden ICDD-Formats.

Die modellbasierte Genehmigungsprüfung wurde bereits erfolgreich anhand eines Dummymodells getestet. Im nächsten Schritt wird das entwickelte Verfahren im Rahmen eines Pilotprojekts unter realen Bedingungen angewendet und weiter geschärft.

Ein Schritt in Richtung digitale Planfeststellung

Die modellbasierte Prüfung ermöglicht eine frühzeitige Identifikation und Bearbeitung von Konflikten, Widersprüchen oder formalen Mängeln in den Planunterlagen. Dies erleichtert spätere planungsrechtliche Prüfungen und kann wesentlich zur Beschleunigung von Infrastrukturvorhaben beitragen – insbesondere im Bereich der Bundesfernstraßen.

Mit der Entwicklung und praktischen Erprobung dieses Unter-Anwendungsfalls leisten DEGES, das FBA und ihre Projektpartner einen substanziellen Beitrag zur Umsetzung des Masterplans BIM Bundesfernstraßen. Die modellbasierte Genehmigungsprüfung ebnet damit den Weg für ein neues, digitales Miteinander zwischen Planern, Projektträgern und Genehmigungsbehörden – nachvollziehbar, transparent und zukunftsweisend.

Die DEGES setzt bei der Planung und Umsetzung von Infrastrukturprojekten auf die Vorteile der Digitalisierung. Der dafür gegründete Projektbereich „Digitalisierung und IT“ erarbeitet seit 2018 Standards für die Ausschreibung und Umsetzung von BIM Projekten in der Planungs- und Bauphase. Durch die integrierte IT-Abteilung können digitale Lösungen ganzheitlich gedacht und umgesetzt werden. Mit einer eigenen Digitalisierungsstrategie hat die DEGES darüber hinaus die Digitalisierung aller geschäftsrelevanten Abläufe zum Unternehmensziel erklärt. 

Digitalisierung lebt dabei von der Vernetzung. Wenn Sie zu unseren Digitalisierungsinitiativen etwas beitragen können oder an ähnlichen Themen arbeiten und sich austauschen wollen – wir freuen uns über die Vernetzung mit Ihnen!