Passiver Schallschutz für Ihr Zuhause? Ermittlung Ihres Anspruchs und alle Infos zur Umsetzung
Hier erfahren Sie alles rund um das Thema passiver Lärmschutz und wie Ihre Ansprüche als Betroffene ermittelt werden.
Worum geht es auf dieser Seite?
Für Ihr Gebäude wurde ein „Anspruch auf passiven Schallschutz dem Grunde nach“ im Planfeststellungsbeschluss festgehalten? Dann sind Sie hier genau richtig. Wir erklären Ihnen auf dieser Webseite, was genau man unter passivem Schallschutz versteht und wie es nun für Sie weitergeht.
Hintergrundwissen
Wie unterscheidet man aktiven und passiven Schallschutz?
Beim Bau von Bundesfernstraßen gilt es, die Lärmbelastung für Anwohnerinnen und Anwohner durch geeignete Maßnahmen auf das gesetzlich vorgeschriebene Minimum zu reduzieren. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen aktivem und passivem Schallschutz. Beim Neubau oder Ausbau von Straßen und Schienenwegen soll Schallschutz dabei vorrangig durch aktive Schallschutzmaßnahmen erreicht werden.
Nur wenn aktive Maßnahmen nicht möglich, nicht verhältnismäßig oder ausreichend sind, kann ersatzweise passiver Schallschutz angewandt werden. Dies trifft meist nur für einige Gebäude zu, die mit den aktiven Maßnahmen nicht vollständig geschützt werden können – hier kann der Grenzwert des Außengeräuschpegels also nicht vollständig eingehalten werden. In solchen Fällen wird im Planfeststellungsbeschluss oder in der Genehmigung zur Baumaßnahme festgehalten, welche Gebäude einen „Anspruch auf passiven Schallschutz dem Grunde nach“ haben.
Aktiver Schallschutz
Schallschutzmaßnahmen, die direkt an der Quelle wirken und Maßnahmen, die die Ausbreitung von Schall vermindern sollen werden als aktive Maßnahmen bezeichnet. Dazu zählen Tunnel oder Überdeckelungen genauso wie Schallschutzwände oder lärmmindender Fahrbahnbelag, der besonders effektiv ist, da die meisten Geräusche durch die Reifen entstehen.
Passiver Schallschutz
Im Gegensatz zum aktiven wird beim passiven Schallschutz ein
Gebäude baulich soweit verbessert, dass der Schall von außen nicht über das zulässige Maß nach innen eindringt. Ziel des passiven Schallschutzes ist es, den Geräuschpegel in Wohn- und Schlafräumen auf ein unbedenkliches Maß zu mindern. Die Höhe des Geräuschpegels, der von außen in die Wohnung dringen darf, ist dabei in der 24. BImSchV festgelegt.
Wie wird der Anspruch auf Lärmschutz festgestellt?
Wenn Verkehrswege neu- oder ausgebaut werden, werden die zu erwartenden Lärmimmissionen mittels Berechnungen prognostiziert. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wird entschieden, welchen Anspruch auf Lärmschutz Sie als Anwohnerin oder Anwohner haben. Ein dreiminütiges Erklärvideo verdeutlicht, warum dieses Vorgehen nicht nur vom Bundesimmissionsschutzgesetz vorgeschrieben wird, sondern bei näherer Betrachtung auch aus praktischen Gründen alternativlos ist.
Die Detailprüfung: Ermittlung Ihres tatsächlichen Anspruches auf passiven Schallschutz
Aus den Berechnungen in der schalltechnischen Untersuchung ist bekannt, welcher Außengeräuschpegel an Ihrem Haus oder Ihrer Wohnung in Zukunft durch die neugebaute Straße zu erwarten ist.
Detaillierte Ermittlung der Schalldämmung vorhandener Bauteile
Um jedoch zu wissen, ob zu viel davon in die Wohnung dringt, muss ermittelt werden, welche Schalldämmung die Bauteile wie Wände, Dächer, Fenster etc. haben, die an der betroffenen Fassade vorhanden sind. Aus dem Außengeräuschpegel und der ermittelten Schalldämmung wird berechnet, ob die vorhandenen Bauteile hinsichtlich ihrer Schalldämmung ausreichend sind oder ob einzelne oder mehrere Außenbauteile verbessert werden müssen.
Welche Räume werden berücksichtigt?
Berücksichtigt werden nur Räume, die zum „nicht nur vorübergehenden Aufenthalt“ bestimmt sind. Dabei wird bei der Berechnung der Außengeräuschpegel für den Tag für taggenutzte Räume (Wohnzimmer, Küchen etc.) und der Außengeräuschpegel für die Nacht für nachtgenutzte Räume (Schlafzimmer, Kinderzimmer etc.) berücksichtigt.
Was ist ein Schalldämmlüfter?
Für Schlafräume und Räume mit sauerstoffverbrauchenden Energiequellen gilt eine weitere Besonderheit: Diese Räume haben Anspruch auf einen Schalldämmlüfter, der für eine ausreichende Belüftung bei gleichzeitigem Schallschutz sorgen soll.
Und was ist mit Lärmschutz für meine Terrasse oder Balkon?
Ein Außenwohnbereich wie z.B. eine Terrasse, ein Balkon oder eine Freifläche an Ihrem Gebäude ist betroffen, wenn der berechnete Außengeräuschpegel für den Tag über dem Grenzwert liegt. Dann haben Sie Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung. In diesem Fall wird das Ingenieurbüro die Lage und Größe des betroffenen Bereiches erfassen, um die Entschädigung zu errechnen.
Warum muss das Ingenieurbüro zu mir nach Hause?
Das Ingenieurbüro, das Sie angeschrieben hat, ist von der DEGES beauftragt, die für die Berechnung nötigen Daten der betroffenen Teile Ihrer Unterkunft zu erheben:
- Raumnutzung
- Raumgröße
- Art und Maße der Außenbauteile (Wände, Fenster, Dächer etc.)
- Evtl. vorhandene Lüfter oder Lüftungsanlagen
Sie können uns und das Ingenieurbüro bei der Aufnahme der Daten unterstützen, in dem Sie Grundrisse und – falls vorhanden – Baubeschreibungen dem Antrag beifügen.
Das Ingenieurbüro wird im Nachgang des Ortstermins aus den erhobenen Daten zu Bauteilen, Raumgröße und Raumnutzung berechnen, ob zusätzliche passive Schallschutzmaßnahmen zur baulichen Verbesserung des Gebäudes notwendig sind. Sie werden vom Ingenieurbüro schriftlich über das Ergebnis informiert. Auf die so festgestellten Maßnahmen haben Sie einen rechtlichen Anspruch.
Die Umsetzung: Was es bei der Durchführung der passiven Schallschutzmaßnahmen zu beachten gilt
Sie können entscheiden, ob Sie die vorgeschlagenen passiven Schallschutzmaßnahmen komplett, teilweise oder auch gar nicht umsetzen wollen. Dabei haben sie folgende Möglichkeiten:
Umsetzung von Maßnahmen
Das Ingenieurbüro wird Ihnen eine detaillierte Beschreibung der nötigen Änderungen zukommen lassen. Damit können Sie von verschiedenen Firmen Angebote einholen. Sie sollten mindestens drei Vergleichsangebote einholen. Für den Einbau von Lüftern wird das Ingenieurbüro für alle Anwohner, die Anspruch auf einen Lüfter haben, Angebote einholen. Das Ingenieurbüro wird die Angebote prüfen und Ihnen im Anschluss eine Erstattungsvereinbarung zu kommen lassen, die Sie bitte unterschrieben zurücksenden.
Das Ingenieurbüro wird den fachgerechten Einbau der Schallschutzmaßnahmen prüfen und dokumentieren. Anschließend werden Ihnen die Kosten für die Maßnahmen von der DEGES erstattet.
(Teilweiser) Verzicht auf Maßnahmen
Sollten Sie auf die Maßnahmen oder auf einen Teil der Maßnahmen, auf die Sie Anspruch haben, verzichten wollen, wird das Ingenieurbüro Ihnen ein entsprechendes Formular zukommen lassen. Wir bitten Sie, dieses zu unterschreiben und zeitnah an das Ingenieurbüro zurück zu senden. Wie auch bei der Erstattungsvereinbarung bezieht sich dieses Formular nur auf die Ansprüche, die im Planfeststellungsbeschluss beziehungsweise der Genehmigung für die Maßnahme festgehalten sind. Sollten sich an dem Projekt Änderungen ergeben, die sich auch auf die Lärmbelastung auswirken, würde eine Planänderung notwendig werden, die ggfs. auch neue Ansprüche mit sich zieht. Ebenso verzichten Sie nicht auf eventuelle Ansprüche, die sich aus späteren Erweiterungen oder anderen Projekten ergeben.
Alternative Maßnahmen
Sie können auch andere Maßnahmen als die vorgeschlagenen umsetzen, wenn diese geeignet sind den vorgesehenen Schutz zu bieten. So ist es möglich, einen Schlafraum anstelle mit Lärmschutzfenster und Lüftern dadurch zu schützen, dass dieser Raum an eine nicht lärmbelastete Hausseite verlegt wird. Die Kosten für die Umverlegung können bis zur Höhe der Kosten für die sonst notwendigen Schallschutzmaßnahmen (Lüfter, ggfs. Fenster etc.) übernommen werden. Ebenso wäre es denkbar Balkone durch Verglasung zu schützen. Auch hier werden die Kosten bis zur Höhe der Kosten der ermittelten Entschädigung des Außenwohnbereichs übernommen. Sollten solche Maßnahmen für Sie interessant sein, sprechen Sie bitte das Ingenieurbüro darauf an.
Gut zu wissen: Mit Abschluss der Abwicklung geht die Lärmschutzmaßnahme (Fenster, Lüfter etc.) in Ihr Eigentum über.
Häufig gestellte Fragen
Nachfolgend finden Sie eine Sammlung von Fragen, die uns häufig gestellt werden und zu denen wir auch unabhängig von Ihrer individuellen Situation vor Ort Antworten geben können.
Wie wird bestimmt welche Gebäude betroffen ist und welche Fassade Anspruch hat?
Der Außenpegel wird nach den relevanten Vorschriften (16.BImSchV) und dem dazugehörigen Rechenwerk (RLS 90 oder RLS 19) berechnet. Wenn eine Grenzwertüberschreitung vorliegt wird ein Anspruch dem Grunde nach festgestellt – in der Regel geschieht dies im Planfeststellungsbeschluss.
Der Lüfter braucht ein Loch in der Hauswand. Wird es dann nicht lauter?
Nein, bei der Berechnung der Schalldämmung aller Außenbauteile wird die Öffnung für den Lüfter berücksichtigt und in die Berechnung eingestellt. Außerdem sind die Lüfter so konstruiert, dass sie eine hohe Schalldämmung aufweisen. Der Lärm von außen kommt also nicht in den Raum hinein.
Kann ich auch einen anderen als den vorgeschlagenen Lüfter verwenden oder eine Klimaanlage oder Luftfilter einbauen lassen?
Die Schalldämmlüfter haben die Aufgabe, den Raum mit Frischluft zu versorgen, wenn das Fenster wegen einer zu hohen Lärmbelastung außerhalb nicht geöffnet werden kann oder soll – bspw. in Schlafräumen während der Nacht. Es soll insofern ein gekipptes Fenster ersetzen, damit die Zufuhr an Frischluft gewährleistet bleibt. Allerdings soll der Lüfter den großen Nachteil des gekippten Fensters nicht haben: Lärm von außen in den Raum lassen. Er muss also drei Eigenschaften erfüllen:
- Er muss eine ausreichende Schalldämmung aufweisen, um den Lärm “draußen zu lassen”.
- Außerdem muss er ausreichend Luft in den Raum befördern (60 m3 pro Stunde) und
- dabei selbst kaum Geräusche verursachen.
Die vorgeschlagenen Modelle erfüllen diese Anforderungen. Im Volllastbetrieb weist das Modell einen Schallleistungspegel von 31 dB(A) auf. Zum Vergleich: Die leisesten Kühlschränke weisen Schallleistungspegel von ca. 37 dB(A) auf und sind so laut wie vier (!) Schalldämmlüfter. In einem durchschnittlichen Schlafraum wird der Schalldämmlüfter selbst bei Volllast maximal 20 dB(A) Schalldruckpegel erzeugen. Zum Vergleich: In einer ruhigen Bibliothek wird man einen Schalldruckpegel von 40 dB(A) vorfinden, in einem ruhigen Schlafzimmer immerhin noch 30 dB(A). Die Schalldämmlüfter sind somit geeignet, um einen ruhigen Schlaf bei ausreichend Frischluft zu gewährleisten.
Luftfilteranlagen und die meisten Klimaanlagen erfüllen leider den Zweck der Frischluftzufuhr nicht – sie können kein gekipptes Fenster ersetzen und sind für den Einsatz im Schlafzimmer in der Regel zu laut.
Eine Lüftungslösung, die alle Kriterien erfüllt, kann allerdings bis zur Höhe der Kosten des vorgeschlagenen Lüfters ersetzt werden.
Wem gehören die Schallschutzmaßnahmen nach Einbau und wer ist für Pflege und Wartung zuständig?
Alle verbauten Elemente, wie Fenster, Dachdämmung und Lüftung, gehen in das Eigentum der Hauseigentümer:innen über. Diese sind auch für Pflege, Wartung und Reparatur zuständig.
Was ist der Unterschied zwischen bebauten und unbebauten Außenwohnbereichen und warum bekomme ich keine Entschädigung für meinen gesamten Garten?
Neben der 16.BlmSchV und den RLS gibt es mit den „Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes – VLärmSchR 97“ ein weiteres Regelwerk, das das Vorgehen in solchen Fällen konkretisiert. Dort werden zwei Arten von Außenwohnbereichen (AWB) unterschieden: die bebauten Außenwohnbereiche und die unbebauten Wohnbereiche. Bebaute Außenwohnbereiche sind baulich mit dem Gebäude verbundene Flächen wie Terrassen und Balkone. Zudem gibt es sonstige zum Wohnen im Freien geeignete und bestimmte Flächen des Grundstückes, der sogenannte unbebaute Außenwohnbereich. Hierzu zählen beispielsweise Gartenlauben, Grillplätze oder Freisitze. Für beide Arten von Außenwohnbereiche werden in den VLärmSchR 97 Berechnungsverfahren fest vorgegeben, nach denen die Entschädigung für Schallimmissionen oberhalb der Grenzwerte berechnet wird. Für weitere unbebaute Flächen sieht die VLärmSchR97 keine Entschädigungen bei Lärmbeeinträchtigungen vor.
Ich nutze meine Terrasse / meinen Balkon / meinen Garten ganzjährig. Warum bekomme ich nur eine Entschädigung für ein halbes Jahr?
Auch das Verfahren der Berechnung der Entschädigungssumme ist in der VLärmSchR97 festgelegt. Dazu gehört auch, dass für diese Flächen eine nur halbjährliche Nutzung angesetzt wird. Auch wenn eine ganzjährige Nutzung vorliegt – was durchaus häufiger der Fall ist – kann nach dem entsprechenden Regelwerk nur eine Entschädigung für eine halbjährige Nutzung berücksichtigt werden. Die VLärmSchR97 gewährt hier keinerlei Ermessensspielräume.
Sie haben noch offene Fragen?
Bitte nutzen Sie die Möglichkeit bei Fragen, Anmerkungen oder Unklarheiten über den Ablauf das Ingenieurbüro oder die DEGES direkt anzusprechen. Sie können dies schriftlich, telefonisch oder via E-Mail tun. Die Kontaktdaten finden Sie im Anschreiben.