Der Leubinger Fürstenhügel ist der größte noch weitgehend erhaltene frühbronzezeitliche Grabhügel Mitteleuropas. Die Ausstattung des „Fürsten“ mit Gold in einer aufwendigen Grabkammer enormer Größe in diesem monumentalen Hügel bezeugt einen Machtanspruch frühbronzezeitlicher Herrschaft. Der Hügel ist eingebettet in eine über tausende von Jahren entstandene kleine Totenlandschaft.

Seit 2016 werden im Vorfeld und am Leubinger Hügel selbst archäologische Untersuchungen vorgenommen. Dabei traten bisher völlig unbekannte Befunde zutage: ein kleiner vorgelagerter Grabhügel, spätbronzezeitliche Gräber um den Haupthügel sowie Hinweise auf seine tatsächliche Größe.

Die neuen Untersuchungen sind in den vergangenen Jahren aus unterschiedlichen Gründen erfolgt. Standen zuletzt Ausdehnung und Aufbau des Großgrabhügels im Vordergrund, wird in diesem Jahr auf einer ausgedehnteren Fläche von etwa 1.000 Quadratmetern das direkte Umfeld untersucht. Hintergrund ist die Erschließung des Hügels von der gleichnamigen Tank- und Rastanlage der A 71. So wird zurzeit eine Zuwegung inklusive eines Rundweges um den Hügel gebaut.

Bei den im seinem Vorfeld durchgeführten Ausgrabungen wurde südlich des Hügels im Abstand von nur wenigen Metern ein ungefähr zwölf Meter durchmessender Rest eines abgetragenen zweiten Hügels entdeckt. Die außen begrenzende Steinlage schützte einen ungefähr 3,00 × 1,75 Meter großen Innenraum, dessen östliche Hälfte um einen halben Meter tiefer war als die westliche. Nach der Bauweise ist an ein Grab der mittleren Bronzezeit zu denken. Die ursprüngliche Anlage ist in der späten Bronzezeit um 1.000 v. Chr. gestört worden. Damals ist die Anlage geöffnet und ausgeräumt und anschließend zwei Gräber – in die südwestliche und die nordöstliche Ecke – eingebaut worden.

Auch diese Toten sind vermutlich nur wenige Jahrzehnte nach der Grablege in ihrer Ruhe gestört worden. Reste von charakteristischem Ring- und Kettenschmuck aus Bronze sowie eine Tasse aus Ton zeigen das spätbronzezeitliche Alter der Toten an.

Im südwestlichen Vorfeld des Großgrabhügels wurden die Reste von acht weiteren Gräbern der späten Bronzezeit, teilweise mit umfangreichen steinernen Einbauten und wiederum Brandgräber aus der Zeit um Christi Geburt dokumentiert. Alle bronzezeitlichen Gräber waren – vermutlich rituell – nur Jahre oder Jahrzehnte nach ihrer Anlage geöffnet worden. Auch hier bilden Ringe und Spiralen aus Bronze, einmal in Verbindung mit einer Bernsteinperle, zusammen mit Keramik die erhaltenen bronzezeitlichen Grabbeigaben. In den Brandgräbern fanden sich charakteristische Gewandschließen.

Wie ausgedehnt der spätbronzezeitliche Bestattungsplatz am Leubinger Hügel war, zeigen vereinzelte Gräber am Weg in bis zu 70 Metern Entfernung vom westlichen Hügelfuß. Genau dort fanden sich auch die Reste eines Grabens, der vermutlich zu einer jungsteinzeitlichen Grabanlage gehört, die etwa 1.500 Jahre älter als der frühbronzezeitliche Fürstenhügel ist und damit den ältesten nachgewiesenen Befund darstellt.

Damit wird klar: Die Grabanlage der Jungsteinzeit mit guter Fernsicht bot, im Rückgriff auf die – vermeintlichen – „Ahnen“, Anlass zum Bau des monumentalen frühbronzezeitlichen Grabhügels. Die nachfolgende mittel- bis spätbronzezeitliche Bevölkerung nutzte den kultisch-religiös aufgeladenen Ort als Friedhof, genau wie spätere Bewohner der Gegend.

Schließlich gab auch der Großgrabhügel selbst ein weiteres Geheimnis preis: Er ist größer als bisher vermutet! Neuvermessung und Untersuchungen am Hügelfuß führten zur Berichtigung eines alten Irrtums. So gab der Ausgräber F. Klopfleisch 1878 einen Durchmesser von 34 Metern bei einem – rechnerisch nicht passendem – Umfang von ca. 145 Metern an. Nach nun entdeckten konzentrisch um den Hügelmittelpunkt verlaufende Gräbchen, die vermutlich zur Aufnahme von Hölzern dienten, um die Anlage zu stabilisieren, bis sich die aufgeschütteten Erdmassen verfestigt hatten, besaß der Hügel einen Durchmesser von mehr als 48,5 Metern.

Hintergrund

Mit der Tank- und Rastanlage „Leubinger Fürstenhügel“ an der A 71 im Landkreis Sömmerda wird die Versorgung der Verkehrsteilnehmer auf der jetzt durchgehend fertiggestellten Autobahnverbindung zwischen Mitteldeutschland (Südharz, A 38) und Nordbayern (Schweinfurt, A 71, bzw. Coburg, A 73) deutlich verbessert.

Benannt nach dem benachbarten bronzezeitlichen Hügelgrab, wird die Tank- und Rastanlage nicht nur den Autobahnreisenden dienen: Sie wird über einen Fuß- und Radweg zum Fürstenhügel an das regionale Wegenetz angeschlossen und so zu einem Fenster in die an Kulturdenkmälern reiche Region.

Um dies zu erreichen, wurde 2014 – bundesweit erstmals für eine Autobahnrastanlage – ein interdisziplinärer Planungswettbewerb für Hochbauarchitektur, Landschaftsarchitektur und Kommunikationsdesign ausgelobt. Drei hervorragende Entwürfe wurden 2015 mit Preisen ausgezeichnet. Unter ihnen ragt der Entwurf des 1. Preisträgers (MONO Architekten, Berlin, Planorama Landschaftsarchitektur, Berlin, und DAS MOMENT Kommunikationsdesign, Wuppertal, Berlin) mit einer von der bronzezeitlichen Häuserform der Region inspirierten, zugleich funktional-modernen Hochbauarchitektur heraus. Seine Ausführung durch den privaten Konzessionsnehmer war Ziel der Konzessionsausschreibung durch die DEGES, ebenso die Umsetzung des Kommunikationsdesigns mit einer klaren Farb- und Formensprache und einer inhaltlich-thematischen Prägung durch Fürstengrab, Archäologie und Autobahnbau.